*Streuwiesen sind keine Futterwiesen, sondern dienen der Gewinnung von Einstreu für die Ställe. Sie treten an feuchten Standorten auf und werden traditionell nur einmal und sehr spät im Jahr gemäht.
„Mit unseren kleinbäuerli-
chen Strukturen, den vielen
Waldbesitzern und Alm-
flächen ist es wichtig, dass
jeder seine Dinge tun darf.
Auch im Naturpark.“
Ein Gebiet, das sich von Ettal bis Bad Bayersoien er streckt und zu 50% aus Schutzgebieten besteht. Dazu zählen vor allem das Naturschutzgebiet Ammergebir ge, aber auch ganz besondere Moorlandschaften wie das Ettaler Weidmoos, das flussdurchzogene Pulver moos oder das Kochelfilz südlich von Altenau. Allein im Kochelfilz wachsen 38 gefährdete Pflanzenarten, die typisch für diese Biotope sind. Echte Oasen also. Dazu Naturpark Mitarbeiterin Nina als sprudelnde Informationsquelle …
Darf man den Naturpark überhaupt betreten?
„Ja, auf jeden Fall! Das ist eines der Missverständnisse, die es im Zusammenhang mit dem Naturpark oft gibt. Wir haben hier nur verschiedene Regeln, von denen einige schon seit den 50ern in entsprechen den Gebietsverordnungen stehen und die man zum Schutz der Natur beachten muss. Zum Beispiel darf man im Weidmoos die Wege nicht verlassen oder Feuer machen. Unser Konzept ist es, nichts zu verbieten – was wir zudem auch gar nicht dürfen – sondern zu informieren und Alternativen vorzuschlagen. Das Skitourengehen ist da ein gutes Beispiel. Wir planen und beschildern Routen, die Wildschutzgebiete auslassen und die Sportler gezielt drumherum führen. Ansonsten kann man sich im gesamten Naturpark ziemlich frei bewegen, können die Waldbesitzer Holz machen und die Landwirte ihre Flächen nutzen. Und tatsächlich ist die Arbeit der Bauern sehr wichtig für den Erhalt.“
Warum?
„Weil sie durch die Mahd der Streuwiesen* die Vielfalt unserer Moore erhalten oder mit der Nutzung und Pflege der Almweiden die Verbuschung großer Ge biete verhindern. Im Gegensatz zum Nationalpark, dessen Kerngebiet sich selbst überlassen bleibt, wird bei uns die Natur gepflegt. Und für uns sind daher die Landwirte überhaupt nicht die Bösen, die die Gülle rausfahren. Im Gegenteil. Sie sind Landschaftspfle ger, genau wie wir, das ist unsere gemeinsame Basis.“
Und die Zusammenarbeit klappt gut?
„Eine gelungene Besucherlenkung ist derzeit die größte Herausforderung.“
Dazu gibt es das Konzept
DEIN FREIRAUM. MEIN
LEBENSRAUM., das sich der Vereinbarkeit von Nutzung und Naturschutz annimmt und auch auf der Naturpark-Website zu finden ist.
„Immer besser und es ist ein Ziel, noch mehr Vorur
teile abzubauen. Zum Beispiel wird jede Naturschutz
maßnahme mit allen Beteiligten abgesprochen und
wir machen grundsätzlich viel Kommunikationsarbeit,
bringen Menschen an einen Tisch. Wie beim Park
raumkonzept, wo wir Polizei, Gemeindemitglieder
und Landnutzer versammelt haben, um Lösungen zu
erarbeiten, die für alle passen. Wir unterstützen aber
auch mit konkreter Handarbeit und würden das ger
ne noch mehr tun zum Beispiel beim Heu rechnen,
Weiden herrichten oder Flächen entmüllen. Diese Ar
beiten kosten viel Zeit und wer Hilfe braucht, kann
einfach auf uns zukommen.“
Habt ihr dafür denn genug Menschen?
„Wir bringen Grup-
pen, die bis jetzt
noch nicht zusam-
mengehockt sind,
an einen Tisch.“
„Ja, in unserem Freiwilligenteam Ammertal, das sich für solche Aktionen trifft. Im Jahr 2020 an sechs Ter minen, wo verschiedenste Tätigkeiten ausgeführt wurden. Das wird richtig gut angenommen. Da kom men Leute von hier aus den Dörfern, aber auch aus München und den Stadtgebieten. Es ist eine schöne Gemeinschaft und bei jeder Aktion gibt es viel Aus tausch und eine regionale Brotzeit. Aber auch Praktika sind möglich, mehr Infos dazu findet man unter naturparkammergaueralpen.de/TeamAmmertal.
Und auch zu euren vier Arbeitsbereichen …
Das Bildungsprojekt Natur parkschule beschränkt sich aus Zeit und Personalgründen auf Schulen aus dem Ammertal. Interessierte Lehrkräfte bekommen aber auf Anfrage sehr gerne alle Unterlagen und Inhalte.
„Das sind Naturschutz, Besucherlenkung, Regional entwicklung und Umweltbildung, wobei mein Schwer punkt auf der Bildung liegt. Hier arbeite ich für das Projekt Naturparkschule mit einer Lehrerin zusammen, wo wir bestimmte Inhalte für Grundschüler aufbereiten und auf Wanderungen oder bei Bauernhofbesuchen erlebbar machen. Da werden Spuren im Schnee gelesen oder Zitzen am Euter gezählt. Aber auch unsere Ranger, die draußen im Naturpark unter wegs sind, übernehmen da viel Aufklärung vor Ort. Und sie führen MonitoringAufgaben aus, legen zum Beispiel Spurenfallen, um zu schauen, ob der kleine Gartenschläfer (= „Zorro“Maus) in der Gegend war.“
Spirke, bist du Kiefer oder Birke? Neugierige erfreuen sich am Naturparkquiz mit viel interessantem Hintergrundwissen – spielerisch und gut zu merken:
„Moore speichern
dreimal soviel
Kohlenstoff wie
Wälder.“
Das klingt nach besonderen Tieren und
Pflanzen …
„Ja, sehr speziell ist zum Beispiel das Karlszepter, eine seltene Eiszeitrelikt-Pflanze. Die gibt es deutsch landweit nirgendwo mehr so häufig wie hier im Pulver und Weidmoos. Oder der Sonnentau, eine fleischfressende Pflanze, die mit Klebepunkten Flie gen fängt und so im nährstoffarmen Moor gedeiht. Und natürlich besondere Vögel, wie die drei Steinad ler-Paare im Graswangtal oder der bedrohte Flussu ferläufer an der Ammer. Letztere ist als Wildfluss landschaft nochmal ein ganz eigener Lebensraum, mit Ausläufern und Schotterbänken. Außerdem sind bei uns unglaublich viele Heuschrecken zuhause. Ein Drittel aller Heuschreckenarten, die es im Landkreis gibt, kommen auf unseren Wiesmahdhängen vor. Und die gibts wiederum nur, weil die Bauern sie seit Jahrhunderten pflegen …“