Kategorien
Neuigkeiten

Gesucht: Wo sind Bayerns Wintervögel?

Milde Temperaturen sorgen für weniger Sichtungen – Gefiederte Gäste aus dem Norden bleiben aus – Haussperling wieder Platz 1

Milde Temperaturen sorgen für weniger Sichtungen – Gefiederte Gäste aus dem Norden bleiben aus – Haussperling wieder Platz 1

Garmisch-Partenkirchen, 30.01.2023 – Die Ergebnisse der 18. „Stunde der Wintervögel“ vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und seinem bundesweiten Partner NABU lassen aufhorchen: Nur knapp 30 gefiederte Besucher pro Garten haben die rund 21.000 Beobachter*innen zu Gesicht bekommen, die niedrigste Zahl seit Beginn der Aktion. Ähnlich sieht es in anderen Ländern Europas aus, die an demselben Wochenende gezählt haben. Grund zur Sorge ist das nicht unbedingt. Denn besonders im Winter schwankt die Zahl der Vögel in den Gärten stark. „Die Besuche an den Futterstellen im Siedlungsraum sind abhängig von der aktuellen Witterung, aber auch vom Nahrungsangebot in den umliegenden Wäldern und sogar in den nördlichen Ländern Europas. Von dort stammen unsere Wintergäste, die aber offensichtlich ausgeblieben sind”, erklärt Hans-Joachim Fünfstück, 2. Vorsitzender der LBV Regionalgruppe GAP/WM-SOG. Der Haussperling flattert bereits zum fünften Mal in Folge an die Spitze der Top 10 der am meisten gemeldeten Vogelarten, gefolgt von Kohlmeise und Feldsperling. Besonders freuen konnten sich viele Teilnehmenden über vermehrte Sichtungen von Zaunkönig und Wintergoldhähnchen, denen die milden, schneefreien Winter womöglich zugutekommen.

Bei der größten jährlichen Mitmachaktion zur Vogelzählung bekommen Naturschützer*innen in Bayern, aber auch in ganz Deutschland, Österreich, Tschechien und der Schweiz einen Überblick, wie es den Vögeln im Siedlungsraum geht. Bayern liegt mit durchschnittlich 30 gefiederten Besuchern pro Garten unter dem bundesweiten Durchschnitt von 33. Nur in der Schweiz (40) konnten Teilnehmende im Mittel mehr Vögel beobachten. In Tschechien (28) und Österreich (26) bekamen die Menschen sogar noch weniger Vögel pro Garten zu Gesicht. 

Über die Jahre nimmt die Zahl der Vögel in den Gärten in den meisten Ländern ab. Das kann verschiedene Gründe haben, weiß Hans-Joachim Fünfstück: „Schneearme, milde Winter werden immer häufiger. So finden Bergfink und Erlenzeisig weiter nördlich ausreichend Nahrung und kommen nicht zu uns nach Bayern.“ Am Zählwochenende machten sich heuer auch Waldvögel rar. Die Auswirkungen des Klimawandels sorgen immer häufiger dafür, dass Baumarten wie Eiche, Buche und Fichte sehr viele Früchte und Samen produzieren. „Wenn Eicheln und Bucheckern in Fülle im Wald liegen und nicht von Schnee bedeckt sind, zieht es Buchfink und Eichelhäher zur Nahrungssuche nicht in die Gärten”, erklärt Fünfstück.

Spitzenreiter in den Gärten und auf den Balkonen des Freistaats sind wie üblich Standvögel. Das sind Vogelarten, die sich das ganze Jahr über in Bayern aufhalten. Einmal mehr positioniert sich der Spatz auf Platz 1: In gut jedem zweiten Garten zählten die Teilnehmenden der 18. „Stunde der Wintervögel“ im Schnitt fünf Haussperlinge. „Wir dürfen uns von diesen Ergebnissen jedoch nicht täuschen lassen.  Die Anzahl der Spatzen nimmt regional noch immer stark ab, vor allem in der Stadt München,” erklärt der Vogelexperte. Wenn es darum geht, welcher Vogel in den meisten Gärten vorkommt, hat die Kohlmeise den Schnabel vorne: In 9 von 10 Gärten konnten Naturfreund*innen diese Meise beobachten.

Kohlmeise Peter Stastnik Flickr
Fotograf: Peter Stastnik
Kohlmeise. Parus major

Überraschend viele Meldungen gingen in diesem Jahr zu Stieglitz (17 Prozent mehr als im Vorjahr), Zaunkönig (38 Prozent) und Wintergoldhähnchen (312 Prozent) ein. Im Jahr 2016 hatte der Stieglitz schon einmal einen solchen Höhenflug, als er den Titel „Vogel des Jahres” trug. Dieses Jahr zierte er die Meldebögen zur Mitmach-Aktion. Möglicherweise hat ihm das einen Vorteil verschafft. Dem bunten Finken helfen naturnah gestaltete Gärten, in denen Samenstände von Stauden über den Winter stehenbleiben. Bayerns kleinste Vogelarten wie Zaunkönig und Wintergoldhähnchen profitieren von milden Wintern, die ihnen das Überleben erleichtern. „Bei frostigen Temperaturen verbrauchen kleine Vögel sehr viel Energie und Fettreserven. Dann drohen sie trotz wärmenden Federnkleids zu erfrieren”, weiß Fünfstück.

Eine weitere Auswirkung der zunehmend milden Winter: Immer mehr Kurzstreckenzieher bleiben in Bayern. „War die Sichtung eines Zilpzalps, Hausrotschwanzes oder einer Mönchsgrasmücke im bayerischen Winter vor ein paar Jahren noch eine Rarität, ziehen einige von ihnen mittlerweile gar nicht mehr in den Mittelmeerraum“, so der LBV-Ornithologe. Hier fällt auch die Beobachtung einer Singdrossel im Landkreis auf, dieser Kurzstreckenzieher wird auch immer häufiger im Winter bei uns festgestellt. Auch drei Ringeltauben bei uns sind im Mittwinter eine Überraschung.

Gesamtergebnis Bayern

An die Spitze flattert in diesem Jahr der Haussperling, Kohlmeise und Feldsperling folgen ihm aufs Siegertreppchen. Platz 4 holt sich die Blaumeise, noch vor der Amsel, die im Vergleich zum vergangenen Jahr von Platz 4 auf 5 abgerutscht ist. „Schon seit 2014 setzen sich die Top 5 aus diesen Vogelarten zusammen“, sagt Hans-Joachim Fünfstück. Der Buchfink landet auf Rang 6. Die Plätze 7 und 8 belegen wie auch im Vorjahr Grünfink und Elster. Die Rabenkrähe und das Rotkehlchen machen die Liste der 10 am häufigsten beobachteten Wintervögel in Bayerns Gärten komplett.

Regionale Unterschiede

Die meisten gefiederten Gäste bekamen mit 34 Vögeln pro Garten die Teilnehmenden in Niederbayern zu sehen, gefolgt von 33 Vögeln pro Garten jeweils in der Oberpfalz und Oberfranken. Auch in Unterfranken haben die Menschen mit 31 Vögeln pro Garten mehr Vögel als der bayerische Durchschnitt von 30 Vögeln gezählt. Die Vogelfreund*innen in Mittelfranken, Schwaben und Oberbayern zählten im Schnitt pro Garten weniger Exemplare als der Rest der bayerischen Teilnehmenden. Weitere landkreisgenaue Zählergebnisse können eingesehen werden unter www.stunde-der-wintervoegel.de

Schulstunde der Wintervögel

Heuer zählten auch 891 Schulkinder aus 58 Gemeinden Vögel rund um ihre Schule, viele von ihnen zum ersten Mal. Die „Schulstunde der Wintervögel“ ist eine großartige Möglichkeit, um Kindern die heimischen Arten näher zu bringen.

Die nächste Vogelzählung findet vom 12. bis 14. Mai 2023 statt. Dann ruft der LBV die Menschen in Bayern auf, bei der „Stunde der Gartenvögel“ die Brutvögel in den Gärten und Parks zu erfassen. Auch Schulen sind wieder eingeladen mitzuzählen.

Infos und Materialien zur Aktion, ein Online-Kurs zur Vogelbestimmung der häufigsten Wintervögel und vieles mehr unter www.stunde-der-wintervoegel.de

Tipps für einen vogelfreundlichen Garten: www.lbv.de/garten

Tipps zur Fütterung: www.lbv.de/fuettern

Gesamtergebnis Bayern im Vergleich zu unserem Landkreis:

PlatzBayern 2023 21.009 Teilnehmer, 14.665 Gärten bzw. Standorte 437.364 Vögel, 30 Vögel/Garten, 114 gemeldete ArtenLandkreis GAP 2023 198 Teilnehmer, 146 Gärten bzw. Standorte 3.776 Vögel, 26 Vögel/Garten, 50 gemeldete Arten
1HaussperlingHaussperling
2KohlmeiseKohlmeise
3FeldsperlingAmsel
4BlaumeiseBlaumeise
5AmselFeldsperling
6BuchfinkBuchfink
7GrünfinkAlpendohle
8ElsterGrünfink
9RabenkräheElster
10RotkehlchenRabenkrähe

Besondere Beobachtungen im Landkreis:

Am auffälligsten sind 132 Alpendohlen die an 4 Standorten gesichtet wurden. Außer in unserem Landkreis wurden diese Bergvögel nur noch in den Landkreisen Ost- und Oberallgäu beobachtet, dort aber deutlich weniger viele als bei uns.

Alpendohlen kommen manchmal in großen Schwärmen im Winterhalbjahr in die Ortschaften Mittenwald, Oberammergau und Farchant um dort ihre Nahrung zu finden. Beliebtes Ziel sind oft die Pausenhöfe der Schulen.

Weitere Besonderheiten siehe rot markierte Stelle im Text.

Heuer gab es sowohl bayernweit als auch in unserem Landkreis viel weniger Teilnehmer als sonst. Das ist den wenigen Vögeln geschuldet. Viele Gartenbesitzer sagten, dass fast keine Vögel da waren.

Wenn man das berücksichtigt, wären es noch viel weniger gesichtete Vögel/Garten.

Text und Bilder mit freundlicher Genehmigung von:

LBV-Pressestelle:
Markus Erlwein |Stefanie Bernhardt | Franziska Back, E-Mail: presse@lbv.de, Tel.: 09174/4775-7180 | -7184 |-7187. Mobil: 0172/6873773.

Fotografen:

Haussperling: Zdenek Tunka

Kohlmeise: Peter Stastnik