Gespräch
Ein Besuch am Hoimahof in der Schöffau bei Uffing am Staffelsee. Obwohl … hinter der zehnten Wiese am tausendsten Löwenzahn rechts, müsste man sagen. Und genau diese idyllische Abgelegenheit scheint es zu sein, die diesen Platz so besonders macht. Denn dass man hier auf echte Menschenfreunde trifft, merkt man sofort, wenn man den Hof von Anni, Josef und Tochter Anna betritt. Letztere absolviert zur Zeit des Gesprächs die Ökofachschule in Weilheim – mit der Übernahme des elterlichen Betriebs am Horizont.
„Jeder hat andere betriebliche Gegebenheiten und versucht mit diesen für sich und seinen Betrieb nachhaltig und gut zu arbeiten.“
Warum seid ihr ein Ausbildungsbetrieb?
„Weil Azubis eine große Bereicherung sind. Menschlich, aber auch für den Betrieb. Sie bringen immer eine zusätzliche Meinung und frischen Wind hinein. Oft mit Erfahrungen vom Hof ihrer Eltern, aber auch durch ihre Ausbildung und neue eigene Ideen. Außerdem musst du dich als Ausbilder selbst stetig fortbilden.“
Was macht den landwirtschaftlichen Beruf für
junge Menschen interessant?
„Die Abwechslung! Und dass du nach der Ausbildung nicht automatisch am Hof arbeiten musst, sondern zum Beispiel auch ins Büro, zu einem Landschaftsgärtner oder in ein Lohnunternehmen mit Fuhrpark gehen kannst. Aber auch am Hof hast du die Freiheit, alles Mögliche auszuprobieren und dich nach deinen Interessen zu spezialisieren. Das geht von Tierzucht über Forstwirtschaft bis zur Vermarktung von Ferien- angeboten. Es ist nie langweilig und in der Ausbildung werden dir sehr viele Richtungen angezeigt.“
Und haben auch nicht technik-affine Menschen
eine Chance?
„Lehrbetriebe werden bei uns im Landkreis allgemein sehr gesucht.“
„Auf jeden Fall. Du lernst zwar auch materialtechnisch alles, hast zum Beispiel einen Schweißkurs und arbeitest mit Holz – aber es ist gut machbar. Und du lernst vor allem, dass jeder Betrieb anders ist und es daher kein allgemeingültiges Konzept gibt.“
Und deine Zukunftsvision Anna, was siehst du am grünen Horizont?
„Kühe san einfach
unsa Weda.“
Rindergesundheit gut vernetzt: Der Hoimahof füttert neben den Milchkühen auch die Online Datenbank „Pro Gesund“, die Infos von Tierärzten und Landwirten zusammenführt, um mit diesem Wissen die Tiergesundheit nachhaltig zu verbessern. progesundrind.de
„Ich möchte den Milchviehbetrieb weiterführen, weil das unsere Betriebsstruktur ist. Wir haben die Flächen und ich verfüttere das Grün an unsere Kühe, das macht einfach Sinn. Darum würde ich gerne irgendwann einen neuen Stall bauen. Aber wir brauchen schon jetzt die Waldbewirtschaftung und die Ferienwohnungen zum Leben. Und ich kann mir auch vorstellen, dass mein Partner noch etwas ganz Neues mitbringt und mir selbst gefällt tiergestützte Pädagogik. Meine kleine Schwester hat Epilepsie und es ist Wahnsinn, was sie für einen Draht zu unseren Kälb chen hat. Sie ist eine Kuhflüsterin und bestärkt mich in dem Wunsch, noch was Soziales einzubauen.“
Das trifft sich mit dem Ansatz von dir Anni, denn den sozialen Zweig gibt es schon …
„Ja, ich habe 2015 meinen Meister in Hauswirtschaft gemacht und für das Abschlussprojekt die Schulklasse meiner behinderten Tochter auf den Hof eingeladen. Wir haben gemeinsam Gras in der Futtergasse verteilt, die Kühe gemolken und mit der Milch dann die Kälbchen getränkt, sodass die Kinder den Kreislauf mitkriegten. Danach ging es in den Kornkasten, unseren Aufenthaltsraum, wo wir Müsli rösten und mit Milch und Joghurt zubereiten. Dieses Riechen, Fühlen und Schmecken-Erlebnis ist ganz wichtig und gehört beim Besuch dazu. Das Programm, das zwei Stunden dauerte, haben wir immer weiter ausgebaut. Heute arbeiten wir regionsübergreifend mit vielen Grundschulen und Kindergärten zusammen.“
„Oft ist es für
Gruppen schwierig,
mit Rollstuhlfahrern
Ausflüge zu machen.
„Jedes Kind sollte
einen heimischen
Bauernhof kennen.“
Heute gibt es auch ein Angebot für Demenz-
kranke auf dem Hoimahof …
„Wir müssen mit
der Vita der Leute
wieder anders um-
gehen. Denn man
kann doch auch
im Alter noch aktiv
sein und wir selbst
werden später
auch noch Pizza
essen wollen.“
„Weil unsere Oma eines Tages selbst an Demenz erkrankte und wir sehen konnten, wie gut es ihr tat, hier dabei zu sein. Das Thema beschäftigte uns und wir haben den Verein „Soziale Landwirtschaft e.V.“ gegründet. Später ist die Alzheimer Gesellschaft auf uns zugekommen und hat gefragt, ob der Hoimahof für Tagesbesuche von Demenzerkrankten zur Verfügung stehen würde. Und das machen wir jetzt. Betroffene, die zu Hause gepflegt werden, holt ein Fahrdienst ab und bringt sie mit ihren Angehörigen zu uns. Nach einer Hofführung gibt es ein gemeinsames Kaffeetrinken und wenn dann die Erkrankten wieder Bewegung brauchen, können die Angehörigen zusammensitzen und sich austauschen. Das Ganze wird von der Zauner Stiftung gefördert und die Nachfrage ist groß! Darum suchen wir noch weitere Höfe, die ebenfalls in diese Richtung gehen möchten. Dazu gehört auch unser aktuellstes Projekt „SeniorenWohnen auf dem Bauernhof“, das eine Chance für viele Betriebe ist. Bestandsgebäude werden umgebaut und wiederbelebt und wenn der Besitzer keinen Nachfolger hat, kann er selbst Wohnrecht und Pflege erhalten. Mehr Infos gibt‘s gerne bei mir unter info@hoimahof.de.“
Gastspiel
Von „was steht auf dem Ei“ bis „wo kommt die Milch her“ – das Projekt „Landfrauen machen Schule“ gibt Grundschulkindern den Bezug zu regionalen Lebensmitteln zurück. In den sechs kostenlosen Einheiten ist auch der Besuch einer Ernährungsfachfrau enthalten, die in der Schule 90 Minuten Mitmach-Unterricht gestaltet. Das Angebot „Schule fürs Leben“ ist ebenso praxisbezogen. Lehrer können sich eine Woche einen Berufsstand einladen, der wichtige Alltagskompetenzen vermittelt.