mit Zitaten von Bergbauer Alois Kramer aus Krün, der Milchkühe hält und die Informationsweide füllt.
Naturgegeben
„Wir sind 99% Grünland-Standort. Es gibt ein paar Ackerflächen für Mais in den Gegenden um Farchant, Uffing und Spatzenhausen, aber die sind minimal.“ Daraus folgt, warum es in der Region keine Schweinehaltung gibt – weil dafür einfach das Futter fehlt. Aber auch, dass Kühe, Schafe, Ziegen und Pferde, die sich überwiegend von Gras ernähren, bestens zum Standort und dem regionalen Futterangebot passen.
„Der Mensch kann sich nicht von Gras ernähren.
Erst durch die Tierhaltung werden aus Grünland nutzbare Lebensmittel wie Milch und Fleisch.“
„Wir sind 99% Grünland-Standort. Es gibt ein paar Ackerflächen für Mais in den Gegenden um Farchant, Uffing und Spatzenhausen, aber die sind minimal.“ Daraus folgt, warum es in der Region keine Schweinehaltung gibt – weil dafür einfach das Futter fehlt. Aber auch, dass Kühe, Schafe, Ziegen und Pferde, die sich überwiegend von Gras ernähren, bestens zum Standort und dem regionalen Futterangebot passen.
Systemrelevant
Weidegebieten, wohingegen im nördlichen Landkreis die großen satten Grünflächen liegen. Zwei Teile, die aus landwirtschaftlicher Sicht untrennbar zusammengehören. Denn die Bergweiden nehmen sowohl das Vieh der Bergbauern, als auch der Talbetriebe auf, wodurch die Flächen unten zur Futtererzeugung genutzt werden können. Und zwar in besonderer Form: „Durch den Almauftrieb ist ein Großteil unserer Tiere im Sommer weg und versorgt. Das entlastet die Grünflächen im Tal und ermöglicht, dass wir sie weniger intensiv bewirtschaften. Und auch die vielen gänzlich ungedüngten Buckelwiesenkönnen wir uns nur leisten, weil es die Almweiden gibt. Fallen die weg, weil zum Beispiel der Wolf zurückkehrt, bricht das ganze Versorgungssystem zusammen.”
Effizient
Der Begriff Galtvieh umfasst Jungvieh und „trockenstehende“ Kühe, die sich auf der Sommerweide befinden und nicht gemolken werden.
Auf den Almweiden frisst das Galtvieh im Sommer gegen die Verbuschung an. Dabei wird der sogenannte Almbestoß* durch das gebrachte Fremdvieh aus dem Unterland mitgetragen. Gleichzeitig liefert das üppige
Grasland zwischen Mittenwald und Spatzenhausen
regionales Grünfutter, das die unten gebliebenen Milchkühe versorgt oder zu Heu und Silage weiterverarbeitet wird. Nährstoffarme Streuwiesen, die
zum Beispiel im Murnauer Moos zu finden sind, kommen ergänzend dazu und dienen der Erzeugung von Einstreumaterial. In der Summe fügen sich all diese Puzzleteile zu einem stimmigen Gesamtbild: unserer ganz besonderen Kulturlandschaft.
Gemeinschaftlich
„Unsere Landwirtschaft
passt sich der Natur an, drum ist sie bis heute sehr ursprünglich geblieben. Die höhere Lage, teils
hochalpin, und das raue Klima geben vor, was geht und was ned.“
Die Almbeweidung wird mit allem, was dazu gehört,
bei uns von Weidegenossenschaften oder Vereinen
organisiert. Das sind Zusammenschlüsse von Bauern
und (Weide-) Berechtigten, die sich auf diese Weise
Verantwortung und Arbeit teilen. Zu diesem System
gehören meist auch festangestellte Hirten, die das
Galtvieh verschiedener Halter zu großen Herden zusammenführen und von Frühjahr bis Herbst betreuen.
„Durch den gemeinschaftlichen Weidebetrieb im
Tal und am Berg haben wir Bauern auch größere Ressourcen über den Sommer frei. Nur dadurch ist die
handarbeitsintensive Pflege unserer Buckelwiesen,
Steilhänge und Moorgebiete überhaupt möglich.“
Kleinstrukturiert
„Viele betreiben
ihre Landwirtschaft
aus Idealismus
und Überzeugung.
Wenn du zu einem
8-Stunden-Tag
noch in der Früh
und auf d‘Nacht
in den Stall gehst,
muss dir schon viel
daran liegen.“
Ein Wort, das nüchtern klingt, aber sehr lebendig ist.
Denn hinter der „mittel- und kleinbäuerlich strukturierten Landwirtschaft“, die unsere Region prägt, stecken familiengeführte Betriebe von unterschiedlicher, aber überschaubarer Größe. Knapp 1000 insgesamt, manche noch im Haupt-, der größte Teil jedoch im Nebenerwerb geführt. Das heißt, dass die meisten Bauern noch einen weiteren Beruf erlernt haben, den sie zusätzlich ausüben und mit den täglichenHofpflichten vereinen. Dementsprechend groß ist die Herausforderung, der nächsten Generation den Weg zu ebnen und die Betriebe fortzuführen.
Eigentumsgleich
„Die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe hat bei uns Almweiderechte, das ist eine Besonderheit bei uns in den Alpen.“ Eine Alm bezeichnet ein Gebiet, das nur im Sommer beweidet wird. Im Werdenfelser Land ist dieser Grund und Boden seit jeher nicht Eigentum der Höfe – es handelt sich vielmehr um Staats- oder Gemeindegrund, auf dem jahrhundertealte
Rechte liegen, die sogenannten Weiderechte. Sie stehen im Grundbuch des jeweiligen Hofes und sind damit aber eigentumsgleich an dessen Hauptflurnummer gebunden.
Gewachsen
Steuereinnahme vom Kloster Benediktbeuern im Jahre 1294, aus dem Buch Von Gerven zu Krün von Gerhard Kriner:
„In gervn due vacarie singule […]
D caseos“ (= in Krün zwei Milchviehbetriebe[…]
jeweils 500 Käse)
*Die römische Handelsstraße
„Via Raetia“ wurde im 2. Jahrhundert
n. Chr. ausgebaut
und verband den süddeutschen
Raum mit Norditalien.
Jedes Gebiet im Landkreis hat eigene landwirtschaftliche
Wurzeln. So lässt sich die produzierende
Milchviehwirtschaft rund um Wallgau und Krün auf
die einstige Zugehörigkeit zum Kloster Benediktbeuern
zurückführen. Die dortigen Hofstellen, damals
Schweigen genannt, belieferten das Kloster urkundlich
ab 1294 mit Käse. Ähnlich verhielt es sich in vielen
Ortschaften des Ammertals, die dem Kloster Ettal
unterstanden und dieses mit Erzeugnissen versorgten.
Aber auch ohne klösterlichen Bezug entwickelten
sich Gebiete, die sehr bäuerlich geprägt waren
und hauptsächlich von der Landwirtschaft lebten. Mit
größeren Familienbetrieben, die sich von Farchant bis
zum Staffelsee und darüber hinaus erstreckten und
die umliegende Bevölkerung ernährten. Oft gehörte
ein eigener Wald samt Forstbetrieb zum Hof dazu.
Noch wesentlich früher kamen stellenweise die
Römer vorbei und beeinflussten die wirtschaftlichen
Strukturen. So wurden Partenkirchen, Mittenwald,
Oberammergau und Murnau vom Handel geprägt
und inspiriert. Was andere identitätsstiftende Bereiche
wachsen ließ und dazu führte, dass Landwirtschaft
dort damals eher zur Selbstversorgung
betrieben wurde. „Neben den Kaufleuten siedelten
sich auch immer mehr Handwerksbetriebe an.“ Einen
Zeitsprung weiter entwickelte sich die Flößerei auf
Loisach und Isar ebenso handelsgetrieben. Sie bekam
als sogenannte Wasser-Rott aber erst mit dem
Wachsen großer Städte richtig Auftrieb und wurde
zu einer nicht zu unterschätzenden Einnahmequelle.
Facettenreich
„Früher wurden die besten Stämme mit den Pferdegespannen aus dem Wald bis an die Floßlenden transportiert. Flöße gelangten so auf dem Wasserweg noch bis 1914 nach Ungarn.“
Auch wenn der Schwerpunkt unserer Landwirtschaft
ganz klar bei den Milchviehbetrieben liegt, ist die
Vielfalt, die man in der Region antrifft, gleichermaßen
wichtig wie überraschend. Von Hühnermobil über
Holzrücken bis Saiblingszucht – und zu guter Letzt
ein Landrat, der dem Förderverein zum Erhalt des
Murnau-Werdenfelser Rindes vorsitzt und selbst eine
Landwirtschaft im Nebenerwerb betreibt.